Die nette Alternative zum Mixen: Old Tom Gin

 

Was hat ein Old Tom Gin mit einem Kater zu tun?

Von den Folgen von übermäßigem Alkoholkonsum einmal abgesehen eigentlich gar nichts – aber der Old Tom Gin hat mit seiner illustren Entstehungsgeschichte tatsächlich eine Verbindung zum Vierbeiner. 
Dazu ist der Old Tom Gin, sozusagen der Charmeur unter den Ginsorten, denn bei ihm ist ein wenig mehr Süße im Spiel als bei anderen Ginarten. Was ist das Besondere an jener Ginsorte?

Was hat ein Old Tom Gin mit einem Kater zu tun?

Die Entstehungsgeschichte vom Old Tom Gin

Erstmals kam der Old Tom Gin im 18. Jahrhundert auf. Die Engländer waren dank der Niederländer mit dem Rezept für die Herstellung von Genever in Berührung gekommen und hatten so viel Gefallen an dem Wacholderschnaps gewonnen, dass sie ihn fortan weiterentwickelten und in großen Mengen produzierten. Das löste eine wahre Gin-Hysterie aus. Der Gin wurde in riesigen Mengen und mit mangelnder Qualität produziert und mit solcher Begeisterung konsumiert, dass die Arbeiterklasse davon beinahe lahmgelegt wurde. Die Regierung versuchte der Situation mit dem "Gin Act" Herr zu werden, indem sie Regeln für die Herstellung (Lizenzpflicht), den Verkauf und den Ausschank der Spirituose einführte. Die hohen Steuern trieben die Ginproduktion und den Ginkonsum in den Untergrund, wo beides nach wie vor florierte. Das führte dazu, dass die meisten Pubs, Bars und Kneipen in London und im Rest von England den Wacholderschnaps nur noch heimlich ausschenkten. Sie montierten eine hölzerne Plakette bzw. Statue in schwarzer Katzenform vor ihrem Gebäude, um darauf hinzuweisen, dass sich hier illegal Gin kaufen ließ. Das Clevere an dieser Idee: Als vorbeigehender Kunde konnte man eine Münze (Penny) in das Maul der Katze oder in einen Schlitz unter der Katzenpfote werfen. Daraufhin wurde im Inneren des Gebäudes durch einen Schlauch aus Blei vom Barkeeper Gin eingefüllt. Er floss bis in die Katzenbeine und konnte draußen aufgefangen und getrunken werden, ohne Aufmerksamkeit auf das Ganze zu ziehen.

Warum heißt der Old Tom Gin eigentlich so?

Der englische Begriff für den alten schwarzen Kater ist "old tomcat", und so entstand der Old Tom Gin. Er war sowohl im 18. als auch im 19. Jahrhundert gang und gäbe. Es steht zu vermuten, dass die Zuckerbeigabe die Kosten senken und darüber hinwegtäuschen sollte, dass man unerlaubt Gin brannte und trank. Was so vielversprechend begann, verlor langsam an Beliebtheit. Dadurch, dass der Gin Act aufgehoben wurde und die Situation sich normalisierte, kamen normale Ginsorten in Umlauf. Der London Dry Gin verdrängte den Old Tom Gin fast komplett und es galt bald als verpönt, den Wacholderschnaps nachzusüßen und damit seine trockenen Noten von Wacholder etwas zu kaschieren. Erst vor einigen Jahren erlebte der Old Tom Gin eine Renaissance, und das größtenteils dank einer Handvoll von englischen Herstellern. Außerhalb von Großbritannien produziert ihn so gut wie keine Brennerei, obwohl er inzwischen auf dem Weltmarkt Fuß gefasst hat.

Die Herstellung von Old Tom Gin

Was ist ein Old Tom Gin?

Auf den ersten Blick gibt es viele Parallelen zwischen dem Old Tom Gin und den übrigen Ginsorten. Die Basis stellt neutraler Agraralkohol dar. Dieser wird bei mehreren Brennvorgängen mit den sogenannten Botanicals angereichert. Darunter versteht man pflanzliche Zutaten in der Form von Wurzeln, Früchten bzw. Fruchtschalen, Blumen, Gewürzen und Kräutern aller Art und aus aller Welt. Die Hauptrolle kommt den Wacholderbeeren zu, die ein Muss sind. Zu ihnen gesellt sich auf jeden Fall Koriander, und auch an den Schalen von Orangen und Zitronen führt meist kein Weg vorbei. Die Botanicals mazerieren über mehrere Stunden hinweg im Ethylalkohol und werden dann gemeinsam damit destilliert. Eine Alternative zur Infusion ist das Destillieren mit Dampf, bei dem die erhitzte alkoholische Flüssigkeit verdunstet und ihre Dämpfe durch einen Auffangbehälter mit den natürlichen Aromastoffen streifen. In beiden Fällen werden die Aromen der Botanicals an das Destillat weitergegeben. Nach dem Brennvorgang wird der Old Tom Gin mit Zucker angereichert. Eine offizielle Untergrenze oder Obergrenze beim Zuckergehalt in Gramm pro Liter gibt es bisher nicht, aber meist streben die Hersteller danach, nicht zu stark zu süßen.

Botanicals mazerieren über Stunden für Old Tom Gin

Wie trinkt man den Old Tom Gin?

Der Old Tom Gin erfreut sich an großer Popularität und eignet sich vordergründig für das Mixen von Longdrinks und Cocktails. Nur wenige Kenner trinken ihn pur oder mischen damit einen Gin & Tonic, bei dem Dry Gin oder London Gin die bessere Wahl darstellt. Der Old Tom Gin wird mit frisch gepresstem Zitronensaft gemixt. Das klassische Mischverhältnis beträgt 3 Anteile Gin (4,5 cl) zu 2 Anteilen Zitronensaft (3 cl). Damals wurde vermutlich Zitronenlimonade statt frischem Fruchtsaft verwendet. Zuckersirup (1 Anteil bzw. 1,5 cl) macht den Longdrink komplett, wobei man auf keinen Fall auf kohlensäurehaltiges Wasser wie Soda verzichten darf. Hiervon wandern 6 cl (4 Anteile) in das Glas. Apropos Glas: Es kommt für den Tom Collins Longdrink mit Old Tom Gin ein spezielles Collins-Glas zum Einsatz. Dieses ist hoch, gerade und groß und gehört zu den Longdrinkgläsern. Man mixt Gin, Zitronensaft und Zuckersirup im Glas, das zuvor mit Eis befüllt wurde. Darauf gibt man das Sodawasser. Dann garniert man den Tom Collins mit einer Scheibe Zitrone und eventuell auch einer Maraschino-Kirsche. Dies ist ein Longdrink, der "on the rocks" serviert wird, also über Eiswürfel gegossen und kalt getrunken. Im Laufe der Geschichte etablierte es sich, statt Zitronensaft Limettensaft zu verwenden. Der Drink wird gerührt und nicht geschüttelt.

Ein spannender Old Tom Gin:

Und wie schmeckt Old Tom Gin?

Wer meint, mehr Süße bedeute, es handle sich um einen ungewöhnlichen Gin-Stil mit aufdringlich süßem Charakter wie bei einem Likör, der irrt sich. Old Tom Gin wirkt lediglich im Vergleich zu den Klassikern wie Dry Gin und London Gin etwas weniger Trockenheit auf. Das liegt daran, dass man das Destillat leicht süßt. Allzu viel Zuckersirup ist jedoch nicht erlaubt. Genau genommen stellt der Old Tom Gin die "fehlende/goldene Mitte" zwischen trockenem London Dry Gin aus England und süßem Genever aus den Niederlanden dar.

Alle, denen ein Dry Gin zu trocken und zu Wacholder-lastig und ein New Western Dry Gin zu Botanical-lastig ist, sollten klassischen Old Tom Gin kaufen. Er vereint die verschiedenen Aromen auf harmonische Weise in sich und ist meist weder zu mild noch zu intensiv. Häufig lässt es sich beobachten, dass ein Old Tom Gin einen fruchtigen Unterton aufweist, der gut zur unterschwelligen Süße passt und die Wacholdernoten etwas mindert. 

Insgesamt lässt sich das Trinkerlebnis als lieblich bezeichnen und deshalb nicht zuletzt Einsteigern ans Herz legen.

Eine süße und milde Verführung:
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