Battle of the spirits

El Dorado 15 Jahre Rum vs. Navy Island XO Reserve Jamaica Rum

1970.

31. Juli.

Ein wegweisendes Datum!

Zumindest für die britischen Seeleute. Zum Leidwesen der Männer wurde da etwas Einschneidendes durchgesetzt. Hast Du jemals vom Black Tot Day gehört?

Da wurde die tägliche Ration Rum komplett gestrichen. Für immer. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts bekamst Du als Seemann eine tägliche Ration Rum (the daily tot). Mit ordentlich Volt. Weißt Du wie viel Alkoholvolumen und warum?

Der Rum hat etwa 57%Vol enthalten. Ganz schön heftig. Und das ergab auch einen Sinn! Damit das Schwarzpulver trotzdem brennt, wenn Du wieder einmal etwas vom guten Rum auf die Lunte verschüttet hattest. Und die Seeleute mochten ihren Rum im englischem Stil.

Im englischem Stil? Schwer. Üppig. Aromatisch. Kein Solera. Reifung über mehrere Jahre lang und am Ende aus mehreren Fässern zusammengeführt. Und was hat das mit Battle #4 zu tun? Ist doch logisch! Beide Kontrahenten heute sind nach dem englischen Stil gemacht. Und um wen geht es?

Das flüssige Gold aus Guyana. Die berühmten Demerara Distillers aus dem südamerikanischen Land. Du kennst ihn gewiss. Der Rum aus der Familie der El Dorados. Nicht der 12er, nicht der 21er, sondern der 15er! Der medaillenschwere El Dorado 15 Jahre Rum tritt gegen einen relativen Neuling aus der Szene an!

An der Küste Jamaikas liegt eine klitzekleine Insel nahe des Hafens Port Antonio. Die so genannte Navy Island. Früher als Waffendepot der britischen Marine gedient, heute als Name für Rum mit der Idee aus Holland!

Navy Island Rum! In diesem Fall der Navy Island XO Reserve aus Jamaika. Ein Blend aus drei verschiedenen jamaikanischen Destillerien. Beide Gegner sind schwere Aromenpanzer. Beide tragen große Anteile Pot Stills, der Navy Island gar 100%. Diese beiden Schwergewichte treffen sich in der Mitte des Rings und zeigen Dir, wo der Hammer hängt! Vorhang auf für den El Dorado 15 Jahre Rum gegen den Navy Island XO Reserve Rum!

 

Die Flasche

Du betrachtest den awardträchtigen El Dorado 15 Jahre Rum in seiner gedrungenen, dunklen Flasche. Sie wirkt elegant, irgendwie niedlich und geheimnisvoll. Das angebrachte „Wachssiegel“ auf der Flasche trägt dazu bei, dass Du die Flasche für etwas Besonderes hältst.

Die Buddel des Navy Island XO wirkt gleich viel, viel wuchtiger und aufdringlich ohne irgendwelche Anzeichen von Ästhetik. Eine einfache, völlig schnörkellose Flasche voll gängiger Optik mit fehlender Akzentuierung.

Die Entscheidung fällt Dir wirklich leicht. Der alteingesessene El Dorado ist zwar unter den Flaschen kein wirkliches Highlight, aber bombt den Navy Island Rum einfach weg und ist zumindest markant. Immer wieder schön, dass dieser Umstand für die Qualität und den Geschmack des Rums keine Rolle spielt und für Dich die inneren Werte zählen. Du bist gespannt!

Die Farbe des Rums

Der El Dorado 15 präsentiert sich Dir in dunklem Gold. Ganz feine kupferne Lichtblitze tanzen in diesem Rum. Ein Blick auf den Navy Island XO offenbaren Dir einen starken Unterschied. Hier schaust Du in leuchtendes, helles Gold. Der Jamaikaner wirkt klar und rein, der Guyaner anmutig und geheimnisvoll.

 

Das Nosing

Endlich geht es los, Du hast lange genug gewartet. Wie werden sich die beiden aromatischen Schwergewichte wohl im Nosing schlagen? Die Vorfreude verursacht Dir eine Gänsehaut. Was erwartet Dich im Detail?

El Dorado 15. Vorsicht. Halte Deine Nase weit genug entfernt. Sonst überrennt Dich der Rum. Liebliche Noten von Schokolade, Vanille und Karamell direkt an der Oberfläche. Dahinter setzt sich eine leichte Zitrusnote, erinnert Dich an Orange. Immer wieder aufflackernde Lösungsmittelgerüche und Sprittigkeitsanflüge, die schnell vergehen, wenn Du Deine Nase wieder etwas auf Abstand bringst. Etwas Banane und Mandel. Wuchtig im Ganzen, riecht sehr süß und klebrig. Nach flüssigem Karamell. Insgesamt geben die karamelligen Aromen bestimmend den Ton an.

Navy Island XO. Ach Du ahnst es nicht. Eine immens heftige Attacke der Aromen und Eindrücke. Plastik und Lösungsmittel. Zu dicht dran. Weiter weg. Jetzt wird es gleich viel, viel besser. Papaya, vielleicht Mango. Räumt alles weg. Dann Rosine und Pflaume für weitere fruchtige Akzente. Mandel und Marzipan für die liebliche Untermalung. Dazu etwas Kirsche und Banane. Elegant, trotz der intensiven Aromen. Die fruchtigen Elemente wechseln sich ab. Nach dem anfänglichen Ansturm wirkt der Navy XO richtig weich und geschmeidig.

Welcher der beiden Rums gefällt Dir besser? Das ist hier nicht so einfach. Auf den ersten Schnief wirkt der El Dorado weitaus gefälliger. Er betört Dich mit seinen lieblichen Noten von Karamell und Vanille. Die zarte, fruchtige Begleitung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er doch etwas eindimensional rüberkommt. Der Navy Island XO hingegen wirkt gerade am Anfang brutal und unerotisch. Mit etwas Geduld und vor allem an der frischen Luft trumpft er Stück für Stück auf und hat am Ende ein üppiges Angebot. Er wirkt komplexer und lebendiger mit einem Schuss Flegelei. Insgesamt machen beide eine gute Figur, der El Dorado mehr Nachtisch, der Navy Island XO mehr Hauptgang.

Tipp: Die beiden Kandidaten riechen wirklich intensiv. Halte Deine Nase nicht zu dicht ans Glas!

 

Nosing/ AromaEl Dorado 15
2/3
(Schulnote 2) Riecht gut. Charaktervoll, interessant.
Nosing/ AromaNavy Island XO Reserve Jamaica
2/3
(Schulnote 2) Riecht gut. Charaktervoll, interessant.

Das Tasting

Die beiden Kontrahenten verlassen ihre Ecke und stürmen aufeinander los! Gleich zu Beginn kümmerst Du Dich um den El Dorado 15. Eben noch in der Nase, hier sofort an Deinem Gaumen. Karamell, die klar dominierende Note dieses Rums. Dazu holzige Noten, die etwas pelzig wirken. Auflockerung durch eine Idee Banane. Nerviges Empfinden von Lösungsmittel, gleich wieder weg. Süß und zuckrig, Vanille. Abermals diese holzige Note, begleitet von Orange. Noch einmal Banane, Pfeffer und sogar Rauch, der an einen Holzkohlegrill erinnert. Ein Schuss Marzipan. Rund, ausgewogen, zwischendurch einige wenige Stiche alkoholischen Brennens. Versinken schnell in der Süße des Rums.

Angesicht zu Angesicht mit Dir. Der Navy Island XO Rum zeigt, was er kann! Irritierend intensiv. Leicht scharf. Im ersten Gang. Hat etwas Abstoßendes. Nur einen kurzen Moment. Dann weicht der Eindruck. Etwas Karamell. Nicht süß, sondern trocken, fast ein wenig bittere Elemente. Dann schwenkt der Rum in ein seidiges und mildes Mundgefühl. Anders als Du gedacht hast. Von nun an wechselt der Rum seine fruchtige Bandbreite unentwegt. Hier Banane, da Zitrusfrucht und dort exotischer Obstkorb. Marzipan, Pflaume in Madeira. Und etwas Vanille hinten dran. Immer wieder etappenweise aufblitzend, um dann wieder zu verschwinden. Würzige Elemente werden nach hinten gedrängt und belegen lediglich den zweiten Platz. Ohne süß zu sein.

Zwei Rumsorten im englischen Stil. Beide werden aus Melasse hergestellt. Der eine ist stark gesüßt, der andere trocken. In der einen Ecke der weltweit bekannte El Dorado 15 Jahre Rum mit seinen unzähligen Medaillen und Lobpreisungen. In der anderen Ecke der Herausforderer, der noch ganz frisch auf dem Markt seinen Weg sucht. Vom Typ her sind die beiden recht ähnlich. Im Detail weichen sie weit voneinander ab. Mehr noch, sie heften sich an die Gaumen verschiedener Fronten. Am Ende gibt es dennoch einen Sieger und einen zweiten Sieger.

Tipp: Der El Dorado 15 Jahre ist wie ein Sahne-Bonbon während der Navy Island XO gleich zu Beginn sehr brachial wirkt, also Achtung. Lasst Euch nicht überfahren!

 

Am Gaumen/ GeschmackEl Dorado 15
5/7
(Schulnote 3) Schmeckt Ok. Bodenständig, einfach und gut.
Am Gaumen/ GeschmackNavy Island XO Reserve Jamaica
6/7
(Schulnote 2) Schmeckt gut. Charaktervoll, interessant.
GeschmacksprofilEl Dorado 15
Süße 4/5
Würze 4/5
Frucht 2/5
Milde 3/5
Rauch 2/5
GeschmacksprofilNavy Island XO Reserve Jamaica
Süße 1/5
Würze 3/5
Frucht 4/5
Milde 3/5
Rauch 1/5

Fazit und Endnote

Zwei Rums auf einem Niveau von Mitte bis Ende dreißig Euro und damit preislich definitiv im Einsteigerbereich platziert. Geschmacklich ist der El Dorado 15 Jahre ebenfalls genau dort positioniert. Der Navy Island XO Jamaika Rum hingegen bedient den erfahreneren Bereich der Rum-Genießer. Wer gewinnt am Ende diesen Schlagabtausch?

In diesem harten Fight setzt sich der Navy Island XO Jamaika Rum mit insgesamt 8 von 10 Punkten gegen den El Dorado 15 Jahre Rum mit 7 von 10 Punkten knapp durch. Wie kann das sein? Der El Dorado ist doch so komplex und hat viele Medaillen gewonnen?

Das steht so geschrieben, das stimmt. Komplexität ist die wechselnde Aromatik im Nachklang. Das Auffinden immer neuer, differenzierter Geschmackserlebnisse. Wie der Unterschied von einem gängigen Stück Popmusik und einer Komposition Mozarts. Der sofort ins Ohr gehende Popsong verliert nach einigen Malen Anhörens seinen Zauber. Du bist einfach satt und wirklich Neues gibt es nicht. In einem Stück von Mozart findest Du selbst nach etlichen Begegnungen spannende und interessante Aspekte, auf die Du vorher nicht geachtet hast. Häufig ist der Angang zu einem solchen Arrangement natürlich viel höher.

Persönliches Fazit: Der Navy Island XO Jamaika Rum ist gleich zu Beginn sehr intensiv, besticht dann durch seinen Wechsel an Fruchtnoten und bietet nach der ersten Aufregung viel Charakter. Der El Dorado scheint auf den ersten Blick vielschichtig zu sein, erstickt dann aber in seiner eigenen Süße und verliert sich in Karamell, Vanille und seiner typischen, eigenen Holznote. Wenn Du Lust auf eine deftige Hauptmahlzeit hast, dann schnapp Dir den Navy XO. Wenn Du schon beim Dessert bist, dann versuch es mit dem El Dorado!

Rummige Grüße, Falk Redlich, Team Rum & Co.

 

7/10
El Dorado 15
Empfehlenswert
8/10
Navy Island XO Reserve Jamaica
Exzellent

Was bisher geschah - Battle #1 - #6 im Überblick

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