Gelagerter Korn: die feine Neudefinierung eines Klassikers

Der Korn verkörpert typisch deutschen Genuss und hat bei uns eine jahrhundertelange Tradition. Wahrscheinlich haben die Deutschen ihn schon im 15. Jahrhundert hergestellt. Und obwohl im Laufe der Zeit zahlreiche andere Spirituosen in der Bundesrepublik Einzug gehalten haben, lässt sich der fest hier verankerte Kornbrand nicht von der Bildfläche vertreiben. Eine Variante hiervon trägt dazu bei, dass er sich gegen die Konkurrenz behaupten kann: gelagerter Korn. Diese Spirituosen liegen derzeit im Trend und gehen quasi einen Schritt weiter. Neugierig geworden?

Was ist gelagerter Korn?

Um diese Frage zu beantworten, sollten wir ganz am Anfang ansetzen. Was ist Korn im Allgemeinen? Wir verwenden den Begriff für alle Spirituosen, die aus Getreide - beispielsweise Roggen, Weizen, Gerste oder Hafer - destilliert werden. So gesehen ist auch jeder Whisky oder jeder (nicht aus Kartoffeln gebrannter) Vodka ein Kornbrand. Aber wir meinen damit vor allem die klaren Kornbrände aus Deutschland. Teilweise sind sie sortenrein destilliert, teilweise handelt es sich um Destillate aus einer Maische mehrerer Getreidesorten. Und dann gibt es da noch den Doppelkorn. Er besitzt im Gegensatz zum mindestens 32 % vol. starken Kornbrand aus Deutschland einen leicht erhöhten Mindestalkoholgehalt von 38 % vol. Überstiegen wird diese Trinkstärke nicht oft.

Echter deutscher Korn aus Roggen oder Weizen wurde ab dm 17. Jahrhundert nicht mehr so häufig produziert, weil sich die Kartoffeln durchsetzten und dann die Kriege die Landwirtschaft beeinflussten. Ab dem 19. Jahrhundert kam es vor allem im Ruhrgebiet zu einem Revival, und außerdem ist Korn auch typisch norddeutsch. Seit 1909 gilt ein Reinheitsgebot für Kornbrände. Jahre später setzten dem Korn die Wirtschaftskrise und der Nationalsozialismus zu, doch ab den 50er-Jahren erlebte er eine erneute Renaissance. Spätestens seitdem wird mit den Kornbränden experimentiert, und das vor allem in den Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Aber auch in anderen Regionen entdeckten kleine und große Brennereien den Korn wieder und versucht seitdem, die Kundschaft dafür zu begeistern. Man aromatisiert die Spirituose zu diesem Zweck z. B. mit Früchten und kommt damit dem populären Flavoured Vodka nahe. Und etwa 2017 erlebte gelagerter Korn einen wahren Boom, der sich inzwischen ganz leicht gelegt hat. Was hat es damit auf sich?

Warum ist gelagerter Kornbrand in?

 

Eigentlich ist Kornbrand klar, weil er ohne eine Reifung auf den Markt kommt und damit erneut eine Parallele zum Vodka aufweist. Der gelagerte Korn hingegen darf einige Monate bis Jahre in Holzfässern ruhen. Diese Lagerung nach der Mehrfachdestillation der mit Hefe vergorenen Maische verpasst ihm nicht nur die schöne Farbe von hellem bis dunklem Gold, sondern wirkt sich auch positiv auf das Aroma und den Geschmack von Kornbrand aus. Der gelagerte Kornbrand ist oft jünger als mindestens drei Jahre gereifter Whisky, erinnert aber vom Charakter her leicht daran oder an Cognac bzw. Weinbrand. Einige ziehen stattdessen den Vergleich zu Moonshine. Auch bringen viele Kunden mit der hellen Farbe automatisch hochwertigen Genuss aus dem Holzfass in Verbindung, was die Beliebtheit erklärt.

Ein neues Image für den Korn

Die Veredlung in Eichenfässern soll dabei helfen, gutbürgerlichen Kornbrand individueller und exklusiver zu machen und eine breitere Zielgruppe anzusprechen. Dieser Trend wurde sogar in den Medien aufgegriffen: Die Zeit brachte den Artikel "Korn – endlich cool", der Stern analysierte, "Warum Doppelkorn der bessere Wodka ist", und im Spiegel lautete die optimistische Prognose: "Edelschnaps verdrängt Wodka und Whisky" in Deutschland. Einige erste Auszeichnungen sprechen für das feine Nischenprodukt. Willst Du gelagerten Korn kaufen, mangelt es inzwischen nicht an Auswahl. Produkte wie BR Piekfeiner Korn, Schlitzer Doppelkorn, Korn2Korn in verschiedenen Abfüllungen, Burgen Korn, Krugmann Korn Oak Barrel Fassgelagert oder De geele Köm beweisen, wie viel Potenzial in der aktuell angesagten Kategorie schlummert.

Auch die Ikonen der Industrie wie Heydt und Berentzen aus Haselünne in Niedersachsen haben diese Nische für sich entdeckt und noch viele Experimente vor. So lassen sich manche Hersteller davon inspirieren, dass Scotch in den unterschiedlichsten Fasstypen lagert. Auch moderner gelagerter Korn kann hiervon profitieren und beispielsweise in einem ehemaligen Sherryfass reifen, um fruchtiger zu wirke. Generell verhilft die Reifelagerung dem pur genießbaren Kornbrand aus dem Holzfass zu einem milderen, harmonischeren und komplexeren Profil mit einem nuancierten Aroma und einem weichen Mundgefühl. Das ist ebenso ein Grund, warum man beim gelagerte Kornbrände kaufen immer wieder neue Entdeckungen machen kann.

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