Am Gaumen werden direkt von Anfang an keine Gefangenen gemacht – andere Rums zeigen sich zumindest initial freundlich, bevor sie ihre Kraft auspacken, beim Chairman’s Reserve ist das anders. Schon der Antrunk ist sofort trocken, und das wird im Verlauf noch stärker, stark astringierend, verbunden mit kräftiger Säure und Bitterkeit. Honigsüße und -würze gleichen das zum Teil aus, Feigen und Pflaumen bieten eine kleine Abwechslung, Melasse bringt Volumen. Die Textur ist voll und extrem dicht, dabei nicht wirklich weich, aber auch nicht kratzig. Milde Esterigkeit macht den Rum komplex, sie verfliegt schnell und macht Platz für eine Würze aus Anis, Süßholz und Karamell, was schließlich in eine sehr elegante Floralität voller Kornblumen und blühender Wiesenkräuter übergeht. Der Nachhall ist sehr lang, hier präsentiert der Chairman’s Reserve seine größte Stärke, er bleibt präsent und sehr aromatisch, wird hier nun einen Ticken gemütlicher und dieser wirklich wunderbare, kühle Eukalyptushauch, mit dem er die Zunge belegt und aus dem Rachen heraus weiter wirkt ist sehr beeindruckend. Man muss es sagen – das ist kein easy-drinking-Rum. Man muss sich Zeit für ihn nehmen, ihn langsam erforschen, kleine Schlucke, die man im Mundraum hin- und herbewegt, jeder für sich braucht Aufmerksamkeit, mit 2cl kann man sich mühelos eine halbe Stunde beschäftigen. Man wird dann aber für diese Geduldsinvestition mehr als belohnt.