Rum

Eine technische und chemische Analyse von Rum

Egal, um Rum auf traditionelle Weise in Handarbeit hergestellt wird oder ob es sich um industriell produzierten Rum mithilfe von fortgeschrittener Technik handelt – um chemische Prozess kommt man bei der Herstellung von Rum nicht herum. Unser Artikel gibt einen kurzen Einblick in die Thematik, die nicht nur Rum-Fans mit wissenschaftlicher Veranlagung fasziniert. Schließlich sind es die vielen verschiedenen chemischen Abläufe und die Technik beim Rum, die sich auf das Endergebnis auswirken.

Einführung: Wovon wird Rum geprägt?

Kurz zusammengefasst wird die Rum-Herstellung von den verschiedensten Faktoren bestimmt.

  • Faktor 1: der Rohstoff – das Zuckerrohr mit den jeweiligen Anbau- und Erntebedingungen sowie der unmittelbaren Verarbeitung (Zerkleinern, Pressen)

  • Faktor 2: Handelt es sich um Melasse-Rum oder Rhum Agricole aus Zuckerrohrsaft?

  • Faktor 3: die Gärung – Welche Hefe? Wie lang?

  • Faktor 4: die Technik der Destillation von Rum – Als Brennapparat copper pot still (diskontinuierlich) oder column still (kontinuierlich)? Blend aus leichtem und schwerem Rum?

  • Faktor 5: die Lagerung im Fass – Fasstyp, Holzart, Fassgröße, Dauer der Reifung, klimatische Bedingungen, eventuelles Umfüllen in eine andere Fassart für ein Finishing

  • Faktor 6: die Trinkstärke – Cask Strength? Overproof? Mit Wasser auf einen regulären Alkoholgehalt verdünnt?

  • Faktor 7: die eigentliche Rum-Qualität – Single Cask (Einzelfassabfüllung), Blend oder Solera-Blend?

Dies sind lediglich die groben Eckdaten, die jeweils eine andere Art von Rum liefern. Bei der Herstellung von Rum wirken all diese Faktoren zusammen. Genau aus diesem Grund ist es eigentlich unmöglich, zweimal genau denselben Rum auf den Markt zu bringen.

Zuckerrohr

Vorwissen: Alkohol bzw. Ethanol

Bevor wir dir die technischen Details der Rum-Produktion näherbringen, werfen wir einen Blick auf Alkohol im Allgemeinen. Wenn wir von Alkohol sprechen, meinen wir damit den Ethanol. Darunter versteht man eine Flüssigkeit von klarer Farbe, die leichtentzündlich und mehr oder weniger hochprozentig ist. Kennzeichnend für die chemische Verbindung Ethanol ist der stechende bzw. beißende Geruch. Ethanol wird zudem als Ethylalkohol bezeichnet. Die naturwissenschaftliche Abkürzung hierfür ist EtOH. Die chemische Summenformel lautet C2H6O oder C2H5OH.

Chemie

Ethanol ist flüssig mit einer molekularen Masse von 46,07 g·mol−1 und einer Dichte von ca. 0,7894 g·cm−3 (wasserfrei). Der Siedepunkt von Alkohol liegt bei 78,37 °C und der Schmelzpunkt bei −114,4 °C. Ethylalkohol ist beliebig mit Wasser mischbar, was für die Herstellung von Rum und anderen Spirituosen wichtig ist. Er leitet Strom nicht und gehört vom chemischen Standpunkt aus betrachtet zu den n-Alkanolen. Der Alkoholgehalt von Ethanol und von Spirituosen wird in Volumenprozent (% vol.) angegeben. Je höher die Zahl, desto hochprozentiger der Alkohol. Volumenprozent ist nicht dasselbe wie Promille.

Die alkoholische Gärung

Wie entsteht Alkohol? Die alkoholische Gärung ist der Prozess, der zugrunde liegt und der sich je nach dem Ausgangsstoff leicht unterscheidet. Bei Früchten verläuft er z. B. etwas anders als bei Whisky aus einer Getreidemaische, Vodka aus Kartoffeln oder Rum aus Melasse oder Zuckerrohr. Die alkoholische Gärung wird im Deutschen noch als ethanolische Gärung oder Ethanol-Gärung bezeichnet. Es handelt sich um einen biochemischen Prozess: Kohlehydrate im Rohstoff – vor allem Glucose – werden unter anoxischen Bedingungen zu Kohlenstoffdioxid und Ethanol abgebaut. Beim Wein und beim Schaumwein stützt man sich auf den Zuckergehalt der Weintrauben bzw. des gepressten Traubensaftes. Die alkoholische Gärung beim Rum wird eingeleitet, indem man aus dem Ausgangsstoff (Zuckerrohrsaft oder Melasse) eine Maische gewinnt: Hierfür gibt man Wasser hinzu und nutzt spezielle Hefekulturen, um die Gärung – ebenfalls Fermentierung oder Fermentation genannt – in Gang zu setzen. Die Reinzuchthefe bei der Herstellung von Spirituosen wie Rum wird von einem bestimmten Hefestamm entnommen. Ist eine Gärung bei niedrigen Temperaturen erwünscht, kommt Kaltgärhefe zum Einsatz. Nicht jede Hefe ist gleich alkoholtolerant. Die Alkoholtoleranz liegt bei 5 bis 23 %. Ist der Gehalt höher, dann stirbt die Hefe ab, weil das Ethanol als Zellgift agiert. Turbo-Hefen sind alkoholtoleranter als reguläre Reinzuchthefen und werden u. a. bei Vodka genutzt. Sie erzeugen einen recht geschmacksneutralen Alkohol, der dann durch eine Destillation konzentriert wird.

Beim Rum führt die alkoholische Gärung zu einem sehr niedrigen Alkoholgehalt von höchstens 4 bis 5 %. Genau genommen hat man eine Art Zuckerwein zur Hand, wenn das Fermentieren abgeschlossen ist. Als nächster Schritt folgt die Destillation, also das Brennen in einem Brennapparat wie einer Kupferbrennblase, einem Dampfkessel oder einer Brennkolonne. Die Destille ist meist aus Metall wie Kupfer gefertigt, wobei es sehr seltene Ausnahmen gibt: Manch ein Demerara Rum aus Guyana wird im Stillen aus Holz gebrannt!

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Destillation

Die Destillation von Rum

Bei der Destillation handelt es sich um ein thermisches Trennverfahren. Das bedeutet, dass man u. a. Hitze zum Verdampfen nutzt und damit wiederum eine Trennung verschiedener chemischer Stoffe einleitet. Beim Brennen von Rum steigt der Alkoholdampf auf und wird anschließend kondensiert. So trennt man auf der einen Seite unerwünschte Stoffe von der alkoholischen Flüssigkeit ab und erhöht auf der anderen Seite den Alkoholgehalt. Eine mehrfache Destillation – oft bei Vodka verwendet, aber bei Rum und Whisky nicht so üblich – sorgt gleichzeitig als Reinigung, da sie z. B. Fuselöle entfernt. Die Ausgangsmischung – das Destillat aus der vergorenen Maische – wird unter hohen Temperaturen zum Sieden gebracht. Es bildet sich Dampf mit diversen flüchtigen Stoffen, der aufsteigt. Ein Kondensator kühlt die Komponenten herab, was zum Kondensieren und Verflüssigen führt. Das Brennen von Alkohol wie Rum kann als einfache Destillation oder als mehrstufige Destillation mit Rektifikation erfolgen. Die Bauart, Form und Funktionsweise der Brennapparate wirkt sich dabei auf das Resultat aus. Im copper pot still (Brennkessel aus Kupfer) entsteht ein recht schweres Destillat, das den ursprünglichen Aromen treu bleibt. Im column still (Brennsäulensystem) erhält man ein leichteres Destillat mit weniger Aufwand bei der Herstellung.

Der Alkoholgehalt von Rum

Nach Abschluss der Destillation weist der rohe Rum einen beachtlichen Alkoholgehalt von 65 bis 75 % vol. auf, selten auch ein wenig höher. Es kommt hier erneut auf die Feinheiten wie den Ausgangsstoff und die Destillationskolben an. Dieser hochprozentige Rum wird mit Wasser auf die gewünschte Trinkstärke herabgesetzt, wenn ein weißer Rum entstehen soll. Overproof Rum behält einen hohen Alkoholgehalt von mehr als 57 % vol. bei, und auch Navy Strength Rum ist recht hochprozentig. Regulärer weißer Rum weist mindestens eine Trinkstärke von 37,5 % vol. auf oder kann sich bei über 40 % vol. einpendeln.

Anders als Blanco Rum bzw. Rhum Blanc und als Cachaça (Zuckerrohrbrand) reift brauner Rum / Aged Rum nach der Destillation in einem Fass aus Eichenholz. Je länger der Rum lagert, desto mehr wird er hiervon geprägt. Die Oxidation durch Luftkontakt führt dazu, dass sich im Laufe der Zeit ein geringer Anteil an Alkohol verflüchtigt. Diese verdunstete Menge an Alkohol nennt man in Fachkreisen angel's share. Die chemische Reaktion der alkoholhaltigen Flüssigkeit mit Sauerstoff erklärt, warum lang gereifter Rum einen niedrigeren Alkoholgehalt aufweist. Er lässt sich auf Wunsch als Cask Strength Rum abfüllen. Ein solcher Rum in Fassstärke wird nicht mit Wasser verdünnt und schafft es je nach Alter auf einen Alkoholgehalt von über 50 oder 60 % vol. Herkömmlicher Gold Rum oder Dark Rum wird hingegen nach der Reifelagerung im Holzfass auf eine niedrigere Trinkstärke von mehr als 40 % vol. herabgesetzt. Manch Hersteller süßen den Rum mit Zucker nach; andere sorgen mit Zuckerkulör für eine dunklere Farbe.

Chemischer Aufbau von Rum

Wie sieht die chemische Zusammensetzung von Rum aus? Hauptverantwortlich für das Aroma und den Geschmack von Rum ist das Ethylformiat (Ameisensäureethylester). Ethylformiat (auch als Ethylmethanoat bezeichnet) ist der Ester, der sich aus Ethanol und Ameisensäure bilden lässt. Daher spricht man von Ameisensäureethylester. Aus der Verbindung von C2H5OH und HCOOH entsteht C3H6O2. Das Ethylformiat ist ursprünglich eine farblose Flüssigkeit mit einem Aroma, das an Arrak erinnert. Ameisensäureethylester ist in diversen Pflanzen enthalten und spielt beim Rum eine wichtige Rolle. Das komplizierte Molekül besitzt die folgenden physikalischen Eigenschaften: leichtentzündlich, leichtflüchtig und klar. Er sollte nicht mit der eigentlichen Ameisensäure verwechselt werden, die wie Formaldehyd ein gefährlicher Stoff ist. Sie ist eine Formylsäure bzw. eine Methansäure und gehört zu den ätzenden Flüssigkeiten, mit denen sich Tiere wie Ameisen verteidigen.

Eine leicht andere Betrachtungsweise liefert uns die folgende chemische Zusammensetzung von Rum: Pro 100 ccm sind in einem Rum mit einem Alkoholgehalt von circa 61 % vol. etwa 550 mg Extrakte, 150 mg höhere Alkohole, 13 mg Aldehyde, 2 mg Furfurole und 101 mg Essigsäure sowie 870 mg Ester enthalten. Unter Aldehyden versteht man chemische Verbindungen mit der funktionellen Gruppe –CHO. Man findet Aldehyde im Wein und in Spirituosen genauso wie in Lebensmitteln wie Gemüse und Obst. Als Aromastoffe entstehen sie häufig beim Zerkleinern oder Zubereiten bzw. Verarbeiten mittels leichter Oxidation von primärem Alkohol in einem nichtwässrigen Medium. Ist der Anteil an Aldehyden beim Rum zu groß, mag dies zu einem unangenehmen Altgeschmack der metallischen oder ranzigen Art führen. Da Aldehyde als Aromastoffe agieren, kommen sie seit den 20er-Jahren nicht zuletzt in der Parfüm-Industrie zum Tragen. Das Rum-Aroma haben wir also anteilig ihnen zu verdanken.

Rum

Und was sind Furfurole? Der chemische Aufbau von Rum umfasst hiermit ein potenziell giftiges Öl, das als farblos, flüchtig sowie bei Einwirkung von Luft bräunlich bis rötlich gilt. Charakteristisch für Furfurale / Furale / Furfurole ist der Geruch nach Bittermandeln. Das Furfural ist ein heterocyclisches Aldehyd, das wir zu den ätherischen Ölen in etlichen Pflanzen zählen. Werden kohlehydratreiche Lebensmittel oder Rohstoffe bei der Spirituosenherstellung erhitzt, bilden sich Furfurole mit der chemischen Summenformel C5H4O2.

Wir dürfen bei der chemischen und technischen Betrachtung von Rum auf keinen Fall die Ester vergessen. Sie entstehen durch die Reaktion eines Phenols oder Alkohols mit einer Säure. Dafür muss eine Kondensationsreaktion unter Abspaltung von Wasser stattfinden – also wie bei der bereits erwähnten Destillation von Rum. Carbonsäureester hingegen finden sich in zahlreichen Früchten. Ester verfügen über einen Alkoholteil und einen Säureteil. Rum mit einem hohen Estergehalt ist mit Rum mit einem hohen Alkoholgehalt vergleichbar. Vor allem Rum aus Jamaika offenbart deutliche Esternoten, die ihm Kraft oder sogar einen alkoholischen Biss verleihen.

barrels

Wir haben soeben von Phenolen gesprochen. Was meinen wir damit? Diese aromatischen, organischen Verbindungen setzen sich aus einer an eine Hydroxygruppe gebundenen Phenylgruppe zusammen. Genau genommen sind Phenole mit der Summenformel C6H6O nicht flüssig, sondern zählen zu den kristallinen, farblosen Feststoffen. Wir verlassen uns in der Industrie für Kunststoffe oft auf Phenole. Bei den Phenolen, die in einem Zug mit getorftem Whisky aus Schottland genannt werden und zum Teil im Rum enthalten sind sowie beim Wein eine wichtige Rolle spielen, handelt es sich nicht um das reine Phenol. Vielmehr meint man Substanzen, die durch die Lagerung im Holzfass entstehen oder beim Peated Whisky aus Islay dem Darren der Gerste über einem Torffeuer zu verdanken sind. Diese geschmacksrelevanten Phenole sind ungefährliche Derivate des karzinogenen, reinen Phenols. Vanillin gehört zu ihnen ebenso wie z. B. Guajakol, Cresol und Eugenol. Der Phenolgehalt bei rauchigem Whisky wird in ppm angegeben. Beim Rum ist die Bedeutung der Phenole weniger ausgeprägt.

Im selben Atemzug sollten jedoch die Tannine erwähnt werden. Dabei handelt es sich um pflanzliche Gerbstoffe und quantitative Sekundärstoffe. Im Holz der Eichenfässer findet man Tannine vor, und sie wirken sich wiederum auf den chemischen Aufbau von Rum und anderen Spirituosen wie Whisky aus. Außerdem ist der Gehalt an Tanninen für die Qualität von Wein wichtig. Tannine können eine adstringierende Wirkung ausüben. Sie machen außerdem die Spirituose oft weicher, runder und besser strukturiert. Französische Eiche besitzt mit einem Anteil an 10 % im Holz mehr Tannine als amerikanische Weißeiche. So gesehen spielt die Fassart bei der Lagerung von Rum auch in chemischer Hinsicht eine Bedeutung.

Warum ist brauner Rum aromatischer als weißer Rum?

Während die ersten Schritte bei der Rum-Herstellung in beiden Fällen dieselben sind, wird brauner Rum von der Lagerung im Eichenfass beeinflusst. Sowohl das Oxidieren mit dem langsamen, geringfügigen Verdunsten von Alkohol und anderen (weniger erwünschten) Stoffen als auch der Holzkontakt sind hierbei das A und O. Die Flüssigkeit nimmt Aromastoffe auf, die eventuell in den Holzporen des Fasses vorhanden sind, wenn es vorher mit einer anderen Spirituose befüllt war. Das ist ein Grund, warum Rum manchmal in einem Ex-Sherryfass nachgelagert wird, nachdem er regulär in einem ehemaligen Bourbonfass reifte. Sogar das Reinigen der Eichenfässer durch Auskohlen kann nicht verhindern, dass ein winziger Anteil an Restflüssigkeit im Holz verbleibt. Ist das Fass klein und dauert die Lagerung lang, kommt es so quasi zu einer natürlichen Aromatisierung. Rum erhält auch durch den eigentlichen Kontakt zum Holz bestimmte Geschmacksnoten wie beispielsweise Vanille.

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