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„Savoir vivre“ oder „Die französische Aperitif-Kultur“

Wörtlich übersetzt heißt der Begriff savoir vivre „verstehen, zu leben“ und im Französischen beschreibt er gutes Benehmen oder gute Umgangsformen. Wie auch einige englische Wörter oder Zitate mittlerweile eingedeutscht wurden, verwenden wir savoir vivre hierzulande, um die französische Kunst des Genießens zu beschreiben. Ob beim Essen oder Trinken – die Leichtigkeit des Genusses unserer Nachbarn fasziniert uns immer wieder. In diesem Artikel möchte ich mich mit einer traditionellen Kultur – ja einem Ritual - beschäftigen, das einem sofort in den Kopf schießt, wenn man sich an seinen letzten Frankreich Aufenthalt erinnert: der Aperitif!

Wer kennt es nicht: Vor dem Mittagessen oder / und vor dem Abendessen wird ein kleiner Aperitif gereicht – die Art einen besonderen Moment einzuläuten, denn es ist nicht nur eine Mahlzeit, sondern die gemeinsame und ausgelassene Zeit mit Freunden und Menschen, die man gerne hat und mit denen man den Augenblick genießen möchte. Abseits vom alltäglichen Stress und ohne Hektik! Wenn man es genau nimmt, dann muss ein Aperitif nicht zwangsläufig nur mit einer Mahlzeit verbunden sein – ein Aperitif hat auch etwas ganz Eigenes für sich 😉

Aperitif

Nach diesem kleinen schriftlichen Apéro, möchte ich zusammen mit dir in die Welt der französischen Aperitife - abseits des Klassikers Wein mit all seinen Facetten – eintauchen, und Ihnen ein paar andere ausgesuchte und weniger bekannte Leckereien dieser Kultur (auf-)zeigen.

PASTIS

Ein relativ „junger“ französischer Klassiker, der eigentlich Anfang des 20. Jahrhunderts nur aus einer Not heraus geboren wurde, gehört mittlerweile speziell im Süden Frankreichs zum Alltag. Anfangs wurde er heimlich von provenzalischen Bauern als Ersatz zu den verbotenen Absinth-Produkten hergestellt - daher auch der Ursprung seines Namens: „pastiche“ bedeutet auf Französisch „Nachahmung“ 😉

1922 wurden die Anisliköre in Frankreich wieder erlaubt und damit begann die legale Erfolgsgeschichte des PASTIS.

Klassisch trinkt man ihn mit eiskaltem Wasser im Verhältnis von 5 Teilen Wasser zu 1 Teil PASTIS. Diese Verdünnung sorgt dafür, dass die ätherischen Öle, die zuvor im Alkohol gelöst wurden, unlöslich werden und es entsteht eine alkoholische frische Art von Limo. Man kann PASTIS aber auch anders genießen - „PLAISIR FRANCAIS“ ist eine Kreation, bei dem 2cl PASTIS mit 1 Dash Zitronensaft in einer Martinischale leicht verrührt und dann mit einem trockenen Champagner aufgegossen werden. Dekoriert mit einem Zitronen-Twist und einer Olive ist sie auch optisch sehr ansprechend.

Drink

RATAFIA | PINEAU DE CHARENTES

RATAFIA …?! – ja, das ist tatsächlich eine Spirituose 😉 Und ich meine nicht das Nusslikör aus Spanien mit demselben Namen! Neben den traditionellen französischen Frucht-Aperitifen gibt es – gerade im Süden Frankreichs – viele kleinere Nischen, die bei uns gar nicht wirklich ankommen… RATAFIA sind Aperitife aus der Champagne und Burgund, die aus Traubenmost und Weinbrand hergestellt werden. Sie sind aber keine Produkte auf Weinbasis! Dies ist ein Trugschluss, da es keine Fermentation der Trauben gibt (!), sondern die Herstellung der der beliebten PINEAU DE CHARANTES Abfüllungen ähnelt. Letztere sind hierzulande schon um einiges bekannter und doch existieren sie eher im Schatten – zu schade dafür. Es ist mir daher ein Anliegen, diese beiden mehr ins Licht zu bringen! Am besten genießt man sie pur und gut gekühlt – du wirst begeistert sein! Um die Suche zu erleichtern, hier meine Empfehlungen zu Marken: Die Marken Vedrenne, Louis Couderc und Haton & Fils bieten tolle RATAFIA und was PINEAU DE CHARANTES betrifft, solltest du mal bei den Cognac-Häuser A.E. Dor und Claude Thorin reinschauen.

GENTIANE

Das Wort hat bestimmt schon jeder mal auf einem Etikett oder einer Flasche gesehen und wahrscheinlich - wie ich selbst auch zu Anfang – gedacht, dass es ein Marken- oder Produktname ist … Da lagen wir wohl alle falsch, denn es ist das französische Wort für „Enzian“ – nicht mehr und nicht weniger 😉 In ganz Frankreich und auch in der Westschweiz haben diese Liköre, die auf der Wurzel des Gelben Enzians basieren, eine Tradition, die Ende des 19. Jahrhunderts beginnt! Es gibt unendlich viele unterschiedliche Varianten, da man in jeder Region mit den eigenen heimischen Kräutern, Gewürzen und Pflanzenextrakten seine eigene GENATIANE-Version kreiert und bevorzugt. Aufgrund seines klassisch süßlich-bitteren Geschmacks wird dieser Aperitif am liebsten pur genossen, aber auch die eine oder andere Cocktail-Kreation wurde damit ins Leben gerufen.

gelber Enzian

Kleine Anregung von mir: Probiere doch mal als ein „GENTIANE SMASH“: 2cl GENTIANE, 2cl Champagner, 1cl Zucker-Sirup, 1cl frisch gepresster Zitronensaft, 2 Dashes Absinthe – alles zusammen in einem Longdrink-Glas verrühren, Crushed-Eis ergänzen, mit weiterem Champagner auffüllen und mit einem frischen Minz-Zweig dekorieren.

So - das waren nun „nur“ 3 Bereiche der sehr facettenreichen Kategorie der französischen Aperitife, aber ich hoffe, ich konnte dir damit einen schmackhaften Einblick geben und Lust auf MEHR machen… Mein Tipp: Immer mit offen Augen und Ohren durch die Welt der Spirituosen gehen und dir werden sich neue Aromawelten eröffnen, die man nicht verpassen sollte. In diesem Sinne und unter dem heutigen Motto: SANTÉ!

Autor: Christoph Knorr | HAROMEX Development GmbH

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