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Rum und die Reifung im Holzfass: eine faszinierende und wichtige Geschichte

Warum riecht und schmeckt ein Rum so und nicht anders? Wie entstehen all die verschiedenen Aromen, Geschmacksrichtungen und Charaktereigenschaften? Sicher hast Du dir diese Fragen auch schon einmal gestellt. Wir haben die Antwort parat: Das A und O ist die Holzreifung von Rum. Bis zu 70 % des Profils sind auf die Reifung im Holz zurückzuführen, wobei dies von Produkt zu Produkt schwankt und natürlich ebenso nicht im Holzfass gereifter, weißer Rum erhältlich ist. Wir finden, die Reifelagerung von Rum im Holzfass ist es wert, näher unter die Lupe genommen zu werden. Wenn Du dich damit auskennst, kannst Du nämlich anhand der Produktspezifikationen einen Hinweis auf den Genuss erhalten.

Warum lagert Rum im Holzfass?

Vor einigen Jahrhunderten, als der Rum noch in seinen Kinderschuhen steckte, war er eine wenig geschliffene, ziemlich alkoholhaltige und kräftige Spirituose aus Zuckerrohr, die von den Plantagenarbeitern getrunken wurde. Die europäischen Siedler und Händler wurden auf den Alkohol aufmerksam und begannen damit, ihn in ihre Heimat in der Alten Welt zu transportieren. Der Rum wurde gemeinsam mit Rohstoffen wie Tabak und Zuckerrohr und Gütern wie Zucker aus der Alten Welt nach Europa verschifft. Um die Spirituose auf den Handelsschiffen wochen- oder monatelang zu transportieren, wurde der damalige Rum in Fässer aus Holz gefüllt. Man bemerkte über kurz oder lang, dass diese Ruhephase im Holzfass sich auf die Farbe auswirkte sowie das Aroma und den Geschmack beeinflusste und der Spirituose im Idealfall ihren Biss nahm. Klar, dass kluge Köpfe auf diesem Konzept aufbauten und damit begannen, Rum zu lagern.

Aber warum reift Rum im Eichenfass? Die Eiche aus Frankreich in Sorten wie Limousin und Tronçais bot sich an, da sie zu jener Zeit für Möbel und diverse andere Gegenstände sowie Fässer für den Ausbau von Wein und anderen alkoholischen Getränken genutzt wurde. Das europäische Eichenfass für die Lagerung von Rum traf später auf das amerikanische Weißeichefass. Das hat damit zu tun, dass bei der Herstellung von Bourbon Whiskey in den USA die Vorschrift gilt, dass jedes Fass nur ein einziges Mal befüllt werden darf. Die entleerten Bourbonfässer werden sodann an Brennereien und Abfüller im Rest der Welt ausgeliefert, wovon beide Seiten profitierten. Rum aus dem Bourbonfass ist der Klassiker schlechthin, aber es gibt zahlreiche weitere Optionen für die Holzreifung von Rum.

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Wieso Rum lagern?

Man erhofft sich von dieser Vorgehensweise gleich mehrere Dinge: Erstens kommt die Spirituose bei der Reifelagerung im Holzfass mit dem Holz und mit Luft bzw. Sauerstoff in Kontakt. Dieser Luftkontakt sorgt für eine Oxidation, bei der sich ein geringer Anteil an Alkohol verflüchtigt. Das erklärt, warum sehr lang gelagerter Rum aus dem Holzfass einen etwas niedrigeren Alkoholgehalt besitzt als das ursprünglich ins Fass gefüllte Destillat. Je nach Destillat sowie Art und Dauer der Holzreifung pendelt sich die Trinkstärke hinterher bei mehr als 50 oder 60 % vol. ein. Es ist dann möglich, die Spirituose als Cask Strength Rum (oder Barrel Proof Rum) abzufüllen. Ein solcher Rum in Fassstärke wird nicht mit speziellem Wasser verdünnt und ist nicht mit dem Overproof Rum zu verwechseln, der häufig weiß/ungereift ist und einen noch höheren Alkoholgehalt aufweist.

Zweitens bringt die Holzreifung von Rum einen gewissen "reinigenden" Effekt mit sich. Der Sauerstoffkontakt führt dazu, dass unerwünschte Stoffe wie Fuselöle aus der destillierten Flüssigkeit entfernt werden. Das macht den Rum angenehmer zu trinken und kann bedingt sogar verhindern, dass Du schnell betrunken wirst und am nächsten Morgen unter einem Kater leidest. Der reinigende Effekt lässt sich ein wenig mit einer Filtration vergleichen, ist aber kein Ersatz dafür. Er trägt dazu bei, dass brauner Rum – also gelagerter Rum bzw. gereifter Rum – von besserer Qualität ist und im Regelfall pur getrunken werden kann. Du darfst dich dabei an der folgenden Faustregel orientieren: Je älter ein Rum ist, desto mehr hat er zu bieten und desto hochwertiger sowie interessanter ist er. Klar, dass es immer Ausnahmen gibt, aber unzählige Verkostungen und Rum Tests haben diese Faustregel für uns bestätigt.

Drittens verleiht die Holzreifung Rum eine schöne Farbe. Kurz gereifter Rum leuchtet blass gelblich bis golden – weshalb gern von Oro gesprochen wird (oro ist das spanische Wort für Gold). Länger gereifter Rum – häufig unter dem Fachbegriff Añejo (Spanisch) oder Vieux (Französisch) vermarktet – funkelt golden bis bernsteinfarben. Sehr lang gereifter Rum – Extra Vieux, XO, Extra Anejo, Reserva – zeigt sich von der bräunlichen bis kupfernen oder mahagonifarbenen Seite. Bestimmte Fasstypen verleihen der Flüssigkeit einen rötlichen Schimmer. Wir geben dir in diesem Sinne eine weitere Faustregel mit auf den Weg: Je dunkler ein Rum ist, desto länger durfte der Rum lagern. Aber Vorsicht! Es ist möglich, Spirituosen nachzufärben. Farbstoffe wie Zuckerkulör täuschen einen dunkleren Farbton und damit ein höheres Alter vor – speziell bei Abfüllungen, bei denen das Alter nicht angegeben ist.

Viertens schätzt man es, dass gelagerter Rum sich von der finessereichen Seite mit diversen Geschmacksnoten präsentiert. Du darfst es von einem Rum aus dem Holzfass erwarten, dass er komplex bzw. vielschichtig ist. Gleichzeitig sorgt eine lange Ruhephase für eine gewisse Harmonie, Weichheit und Sanftheit. Ein alkoholischer Biss oder ein ungestümes Temperament sind nicht zu befürchten. Brauner Rum ist aromatischer als weißer Rum und weist eine süßliche Note auf. Ein charakteristischer Aromastoff im Rum aus dem Eichenfass ist Ethylformiat (Ameisensäureethylester). Welche Noten genau die Holzreifung von Rum verursacht, das hängt von diversen Faktoren ab, die wir im Folgenden erläutern.

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Die Reifung von Rum: so funktioniert sie

Die einzig richtige Lagerung von Rum gibt es nicht – vielmehr hat der Hersteller mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Seine Entscheidung wirkt sich genauso auf das Endergebnis aus wie zahlreiche andere Gegebenheiten. Was übt einen Einfluss auf die Holzreifung von Rum aus?

1. die Holzart

2. der Fasstyp/die Fassart

3. die Dauer der Lagerung von Rum

4. die Größe des Fasses und damit das Fassungsvermögen

5. der Standort mit seinen klimatischen Bedingungen

6. die genaue Vorgehensweise

 

Eines wird jedoch immer gleich gemacht: Die Holzreifung von Rum steht an, sobald die Destillation abgeschlossen ist. Manche Destillate werden in ein Behältnis aus Edelstahl oder einem anderen Metall gefüllt und erhalten die Chance, darin kurz ihre Mitte zu finden. Das ist sozusagen die einzige Veredelung, die weißer Rum erhält. Brauner Rum hingegen wird ins Eichenfass gefüllt, das zuvor mehr oder weniger stark ausgebrannt wurde. Das Auskohlen der Eichenfässer für Rum dient der Reinigung. Gleichzeitig werden so intensive Holznoten an die alkoholische Flüssigkeit abgegeben. Ein stark ausgebranntes Eichenfass macht die Spirituose dunkler. Zuvor befüllte Fässer werden zum Teil mehrfach oder wiederholt verkohlt, bevor der Rum hineinwandert.

1. die Holzart

Wir unterscheiden in französische Eiche bzw. europäische Eiche (Quercus robur) und amerikanische Eiche (Quercus alba). Letztere wird weitaus häufiger für die Holzreifung von Rum verwendet. Will man Rum reifen, bieten Weißeichefässer aus Amerika den Vorteil, dass sie in großen Mengen vorhanden sind und zudem leichter zu fertigen sind. Nicht immer kommen sie als Ex-Bourbonfass zum Einsatz. Rum von unabhängigen Abfüllern aus Deutschland ist oft ein wenig experimenteller als das. So gibt es z. B. den Simons Bavarian Rum der Brennerei aus Bayern, der in Spessarteiche lagert. Manche Betriebe experimentieren mit Fässern aus Schweden. Aber so gut wie nie kommt eine andere Holzart als Eiche zum Tragen.

2. die Fassart/der Fasstyp

Was ist ein Fasstyp? Grob wird hier davon gesprochen, was – wenn überhaupt – vorher in dem jeweiligen Eichenfass abgefüllt war. Zu den üblichen Fasstypen für die Lagerung von Rum gehören u. a. Bourbonfass, Sherryfass, Whiskyfass, Portweinfass, Cognacfass, Madeirafass, Weinfass, Calvadosfass, virgin oak cask (neues, zuvor nicht befülltes Eichenfass)

Die jeweilige Spirituose, die vorher in dem Fass zur Holzreifung von Rum abgefüllt war, beeinflusst das Aroma und den Geschmack. Aber wie, wenn doch jedes Eichenfass vor der erneuten Benutzung ausgebrannt und somit gereinigt wird? Die Erklärung liegt in den Holzporen. Sie nehmen im Laufe der Zeit einen winzigen Anteil der abgefüllten Flüssigkeit in sich auf. Sogar nach dem Auskohlen bleibt ein verschwindend geringer Rest davon in den Holzporen. Lagert dann der Rum im Eichenfass, nimmt er über einen längeren Zeitraum hinweg jene Aromastoffe auf. Je länger die Spirituose lagert und je kleiner das Holzfass für die Lagerung von Rum ist, desto besser nimmt das Destillat die Fremdaromen auf. Jeder Fasstyp gibt andere Duftnoten ab. Beim Bourbonfass trifft man z. B. auf Vanille, Karamell, Honig und Nuss. Beim Sherryfass begegnet man oft Trockenobst, Rosinen, Feigen, Schokolade und Kaffee. Das Portweinfass und das Weinfass machen den Rum fruchtbetont mit weinigen Beiklängen. Die Fassart ist einer der wichtigsten Einflüsse auf die Reifung von Rum, weshalb sie gern in der Produktbezeichnung erwähnt wird.

Bevor wir's vergessen: Es gibt noch ein paar Fachbegriff zur Holzreifung von Rum, die wir in Bezug auf den Fasstyp erwähnen wollen! So kommen die englischen Begriffe first fill, second fill und refill zum Einsatz. Im Deutschen sprechen wir von Erstbefüllung, Zweitbefüllung und Wiederbefüllung. Gemeint ist damit, zum wievielten Mal das Eichenfass befüllt wird. Bei einem first fill Bourbonfass beispielsweise handelt es sich um den Klassiker aus den USA, der vorher nur einmal mit Bourbon Whiskey befüllt war und dann den Rum beherbergt. Ein refill Fass wurde schon mehrmals verwendet und gibt nur noch wenige Fremdaromen an das Destillat ab. Es ist ebenfalls üblich.

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3. die Dauer der Reifung von Rum

Wie lang lagert Rum? Das ist ausnahmsweise einmal eine Frage, die wir nicht beantworten können – denn es gibt keine Obergrenze. Wenn Du lang genug suchst, findest Du bei uns Rum, der über 30, 40 oder 50 Jahre lang im Eichenfass ruhte und damit zu den Urgesteinen gehört. Aber üblich sind zwischen drei und etwas mehr als zehn Jahre. Ein fünf Jahre gelagerter Rum präsentiert sich beispielsweise als Anejo, ein sieben Jahre gereifter Rum als Reserva. Diese beiden Altersstufen kannst Du gut pur oder auf Eis trinken, aber sie sind sich für das Mixen von Drinks nicht zu schade. XO Rum ist mindestens zehn Jahre alt und sollte auf jeden Fall in aller Ruhe für sich allein getrunken werden, damit er all seine Aromen entfalten kann. Stichpunkt 3 ist übrigens eng mit Stichpunkt 4 und 5 verbunden, denn dieselbe Anzahl an Jahren kann bei anderen Bedingungen unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen.

Beim Alter von Rum solltest Du etwas beachten: Es wird zwischen Solera-Rum und regulär gereiftem Rum unterschieden. Bei der Holzreifung von Rum nach dem Solera-Verfahren werden Destillate aus in mehreren Reihen übereinander gestapelten Fässern mehrfach umgefüllt und miteinander kombiniert. Das Sistema Solera hat in der spanischen Produktion von Sherry und Brandy seine Wurzeln und kommt bei diversen Rummarken zum Einsatz. Ein Solera-Blend ist immer ein Verschnitt aus kurz, mittellang und lang gelagerten Destillaten. Wird damit eine Altersangabe gemacht, beispielsweise 23 Solera wie beim Ron Zacapa Centenario, dann bezieht sich das Age Statement auf das am längsten gereifte Destillat, das den geringsten Anteil am Blend ausmacht. Ein regulär gereifter Rum mit Altersangabe hingegen kann ebenfalls ein Blend sein – bei ihm ist die Ziffer jedoch ein Hinweis auf den Mindestreifegrad, sodass der Blended Rum theoretisch auch länger gelagerte Komponenten umfassen mag.

4. die Fassgröße

Warum spielt es eine Rolle, wie groß das Rumfass bei der Holzreifung ist? Zum einen wirkt sich das daraus auf, wie viele Flaschen letztendlich zugänglich gemacht werden – vor allem, wenn es sich um Single Cask Rum bzw. um eine Einzelfassabfüllung handelt. Zum anderen bedeutet ein geringeres Fassungsvermögen einen engeren Holzkontakt. Und das wiederum führt dazu, dass der Rum schneller und stärker die in den Holzporen vorhandenen Flüssigkeitsreste und Aromastoffe in sich aufnimmt. Es gibt verschiedene Fassgrößen, vom relativ kleinen Quarter Cask (125 l) über das Bourbonfass (208), das Barrique (225 l) und das Hogshead-Fass (250 l) bis hin zum großen Sherry-Butt oder Port-Pipe (500 ml). Je kleiner das Fass für die Lagerung von Rum, desto spannender das Aromenspektrum und desto begrenzter die Auflage.

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5. das Klima

Wieso wirkt sich der Standort auf die Lagerung von Rum aus? Obwohl sich die Holzfässer im Inneren des Gebäudes – in Lagerhallen oder Kellergewölben – befindet, übt das Klima/Wetter einen Einfluss auf die Reifung von Rum im Eichenfass aus. In den tropischen Regionen wie auf den Karibikinseln und in den süd- und mittelamerikanischen Ländern führen Hitze und Luftfeuchtigkeit dazu, dass schon eine recht kurze Reifelagerung von Rum deutliche Veränderungen hervorruft. Die Verdunstung ist ebenfalls größer, was den Alkoholgehalt senkt. Eine Lagerung vor Ort auf dem Destilleriegelände bei Karibik-Klima mag zweimal bis dreimal so schnell abgeschlossen sein. Werden die Rumfässer hingegen nach Europa transportiert, um z. B. beim unabhängigen Abfüller Cadenhead's in Schottland oder bei Ferrand in Frankreich zu lagern oder nachzulagern, bedeutet dies eine klimatische Veränderung. Das Wetter verlangsamt die Reifung von Rum. Interessant ist, dass Rhum Agricole von den französischen Antillen – Ländern wie Guadeloupe und Martinique – noch rascher reift als karibischer Rum. Bereits wenige Jahre hinterlassen ihre Spuren am Destillate, das aus Zuckerrohrsaft statt aus Melasse gebrannt wurde. Es macht übrigens schon einen Unterschied, wo genau die Lagerung innerhalb eines Landes stattfindet. Man nehme nur einmal den Zacapa Rum, der in Guatemala in schwindelerregender Höhe von rund 2.300 m in Felshöhlen gelagert wird. Diese Art von Rum-Lagerung ist mit einem geringeren Anteil an Sauerstoff in der Luft und mit Temperaturschwankungen verbunden.

Apropos Lagerung in der Karibik und in Europa: Es gib sogenannten Double Matured oder Triple Matured Rum. Dieser reift oft nicht nur in zwei oder drei verschiedenen Fasstypen, sondern auch zum Teil in seiner Heimat und zum Teil beim europäischen Abfüller. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Dos Maderas Rum aus mindestens zwei Fassarten.

Silver Rum, der Stiefbruder von braunem und weißem Rum

Ab und an möchte ein Hersteller von den positiven Effekten einer Holzreifung profitieren, ohne damit gleich einen dunklen Aged Rum voller Anspruch zu veröffentlichen. Ein solcher weißer Rum wird manchmal mit dem Zusatz Silver vermarktet. Er lagert wenige Monate bis zwei oder drei Jahre im Rumfass. Dann entzieht ihm der Produzent den hellen Farbton mittels Filterung. Das Ergebnis ist ein Blanco, der fein, rund und weicher sowie ein wenig sanfter ist als normaler weißer Rum, aber dennoch farblos in die Flasche wandert. Ein populäres Beispiel hierfür ist der Mount Gay Rum Eclipse Silver Rum aus Barbados.

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